Obwohl Kraus nach dem Ersten Weltkrieg politisch eher der Sozialdemokratie zugeneigt war, ging er gegen Zeitungen aus dem konservativen Spektrum nicht so häufig vor wie gegen die linksgerichteten. Nur drei Akten dokumentieren juristische Vorgehen gegen die christlich-soziale Reichspost. Interessanterweise ging Kraus gegen diese gleich zu Beginn seiner Zusammenarbeit mit Oskar Samek vor. 1922 forderten sie eine Berichtigung von Tatsachen, da die Reichspost den Fackel-Aufsatz „Ein Kreislauf“ falsch zitiert hatte. Als die Redaktion die Berichtigung nicht gebracht hatte, prozessierte Kraus. Er ging zwar in die zweite Instanz, verlor aber schließlich diesen Prozess. Ein Jahr darauf versuchten Kraus und Samek erneut, gegen die Reichspost aufgrund einer nicht erbrachten Berichtigung zu klagen. Doch auch diese Klage blieb erfolglos. Dass Kraus erst wieder gegen die Reichspost juristisch vorging, als diese 1927 über die Plakatierung des Schober-Plakates falsch berichtet hatte, ist in Anbetracht der häufigen Berichtigungsforderungen (etwa an das unparteiische Neue Wiener Journal oder an die Arbeiter-Zeitung) beachtlich. Auch dieser Berichtigungsforderung kam die Reichspost nicht nach und Kraus klagte ein drittes Mal ohne Erfolg. In der Fackel positionierte sich Kraus wiederum klar gegen die Reichspost, die Schobers am 15. Juli 1927 erlassenen Schießbefehl in der Verteidigung Wiens gerechtfertigt sah. Er zitierte unter anderem ihre verherrlichenden Berichte über den Reichsjustizpalastbrand, die nach Kraus eben nicht für eine christlich-soziale Gesinnung standen. Obwohl die Reichspost kritisch über Kraus’ Kampagne gegen Schober berichtete, sind in den Rechtsakten keine weiteren juristischen Auseinandersetzungen mit der Zeitung überliefert.

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Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek.
Wissenschaftliche Edition

hg. v. Johannes Knüchel und Isabel Langkabel, auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarbeit von Laura Untner, Andrea Ortner, Ingo Börner und Vanessa Hannesschläger (Wien 2022)
URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/

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